Revisionen. Grundbegriffe der Literaturtheorie


Revisionen. Grundbegriffe der Literaturwissenschaft. Bd. 1

Regeln der Bedeutung. Zur Theorie der Bedeutung literarischer Texte. Herausgegeben von Fotis Jannidis, Gerhard Lauer, Matías Martínez und Simone Winko. Berlin, New York: de Gruyter 2003. online-Version der Einleitung (S. 3-30)




Fotis Jannidis / Gerhard Lauer / Matías Martínez / Simone Winko

Der Bedeutungsbegriff in der Literaturwissenschaft.
Eine historische und systematische Skizze

Regel und Bedeutung scheinen nirgends weniger zusammenzustimmen als in der Literatur. Literatur gilt als das Andere der Regel, als subversiv, als das je Eigene und Individuelle, als autonom und ästhetisch, als Werk, wird als Abweichung und Verfremdung aufgefasst, kurz nicht als etwas, das viel mit Regeln zu tun hätte. Diese Meinung ist keine nur der so genannten naiven Leser. In der Literaturwissenschaft gibt es ungeachtet verschiedener Schulen und divergierender Ansätze einen vergleichsweise breiten Konsens darüber, dass literarische Bedeutung mit Hilfe von Regeln nicht oder nicht hinreichend zu beschreiben sei. Und selbst dort, wo man die Geltung einer Regelpoetik konzediert, gilt die Anstrengung der Literaturwissenschaft gerade dem Besonderen des Textes. Noch der Schulkanon ist ein Kanon der außerordentlichen Werke, die einer je besonderen Aufmerksamkeit Wert sind. Von literarischer Bedeutung zu sprechen, heißt von der Ausnahme der Regel zu sprechen.

Die Auffassung mag deshalb soviel Zustimmung finden, weil Bedeutung etwas viel zu Alltägliches ist, um mit dem Ausnahmerang von Kunst und Literatur in Verbindung gebracht zu werden, jedenfalls unter den modernen Bedingungen, die so selbstverständlich Originalität und Literatur verknüpft. In der Alltagskommunikation sind Bedeutung und Regelhaftigkeit so eng verfugt, dass Bedeutung nicht beschrieben werden kann, ohne auf Regeln zu sprechen zu kommen. Schon damit Kinder eine Sprache erlernen, müssen sie anderen die Fähigkeit zur bedeutungsvollen Äußerung zuschreiben, und seien es auch nur solche der Körperbewegung oder unsyntaktischer Laute.1 Dabei müssen sie sehr genau zwischen intentionalen und nicht intentionalen Äußerungen unterscheiden, eine Regel, die wir alle lebenslang beachten.2 Wir könnten sonst kaum zwischen zufälligen Geräuschen ohne Bedeutung und Äußerungen mit Bedeutung unterscheiden. Wir wissen sehr genau, wer uns was »sagt«. Diese regelhafte Fähigkeit zur Mentalisierung, zur Zuschreibung intentionalen Bewusstseins an andere, dürfte mit der Entstehung von Zeichensystemen so eng zusammenhängen, dass ohne sie eine komplexere Kommunikationen und damit Kultur auch in evolutionsgeschichtlicher Perspektive unmöglich sein dürfte. Was im langen Gang der kulturellen Evolution ein einmaliger Entwicklungsschritt war,3 läuft im Alltag wie von selbst. Wer eine Sprache spricht, benutzt ein Wörterbuch, eine Syntax und eine Semantik, deren Ordnung wir weitgehend unbewusst zu beherrschen gelernt haben. Wir setzen dabei voraus, dass andere die Sprache nach vergleichbaren Regeln erlernt haben und sprechen. Selbst eine Äußerung wie »Die Suppe an Tisch sieben möchte zahlen« stellt uns vor keine Probleme der Bedeutungszuweisung. Das liegt nicht zuletzt an der Pragmatik, die etwa Äußerungen in einem Restaurant in ihren möglichen Bedeutungen äußerst strikt begrenzen. Wir wissen nicht nur, dass Suppen nicht bezahlen können, sondern auch dass Bezahlen zum Ablauf eines Restaurantbesuchs in der Regel dazugehört. Damit »sagt« uns der Satz etwas. Die Regeln solcher Bedeutungszuweisungen lassen sich zu Skripts zusammenfassen, die den größten Teil möglicher Bedeutungen eines Textes von vorneherein ausschließen. Prinzipiell könnte der Satz von der zahlenden Suppe so ziemlich alles bedeuten. Dass er es nicht tut, hängt an kommunikative Prinzipien wie dem der Relevanz.4 Für die Humanwissenschaften ist die Untersuchung solcher Regeln der Bedeutung selbstverständlich, Regeln, nach denen wir etwa Populationen der eigenen Art mehr kognitive und emotionale Aufmerksamkeit schenken als anderen und damit deren Äußerungen als bedeutungsvoller als die anderer wahrnehmen. Bedeutung gehört so gesehen untrennbar zu Bewusstsein, Kommunikation und eben Regel dazu. Um diesen Zusammenhang zu konstatieren, braucht es keines umständlicheren Begriffs von Bewusstsein als den, der anderen Vorstellungen und Meinungen, Absichten und Wünsche zuschreibt5 und damit zu so etwas wie Mitgefühl in der Lage ist.6 Schon damit beginnt Kommunikation, nicht jenseits von Regeln, sondern aufgrund von Regeln. Hier gilt heuristisch: Bedeutung ist deshalb Bedeutung, weil sie regelhaft ist.

Anders in der Literaturwissenschaft. Literaturwissenschaft pflegt den seltenen Sinn. Nicht den Regeln der Bedeutung gilt ihre Aufmerksamkeit, sondern dem Besonderen jenseits den »Verregelungen« der Bedeutungsbildung – zumindest dem eigenen Selbstverständnis des Faches nach. Ein Blick von außen mag die Selbsteinschätzung des Faches abschwächen. Denn natürlich folgen auch Literaturwissenschaftler Regeln der Bedeutungsbildung, wenn sie etwa literarische Bedeutung fast durchgängig als irgendwie besondere Bedeutung auffassen. In der Literatur scheint es um letzte Fragen des Bedeutungsvollen zu gehen, ob das »Schicksal« oder die »Dissoziation der Signifikanten« genannt wird, ist zunächst einmal nur ein Wechsel im Jargon, aber von erstaunlicher Regelhaftigkeit. Die Selbstverständlichkeit, mit der die immer gleichen Autoren wie etwa Kafka im Fokus der literaturwissenschaftlichen Arbeit stehen,7 ist auffällig und ein Indiz für die nicht weniger regelhaften Automatismen, mit denen Literatur als besonders bedeutungstragend gewertet wird. Die lectio difficilior ist die traditionell die präferierte Umgangsweise mit Literatur in der Sicht professioneller Leser. Die Rangerhöhung der »schwierigen Autoren« und der verrätselten Texte ist es auch und ebenso wenig neu. Die Konstanz dieser Wertung belegt, wie regelhaft die Urteilsroutinen sind, die den literaturwissenschaftlichen Umgang mit Bedeutungszuweisung bestimmen. Noch die Enigmatik des literaturwissenschaftlichen Schreibens über Literatur und erst recht der Kult um einzelne Meisterdenker widerlegen die Selbstbeschreibung des Faches, dass ihr Literatur etwas jenseits der Regeln der Bedeutung sei. Es sind Regeln des seltenen Sinns der Wenigen, die literaturwissenschaftliche Bedeutungszuweisungen dominieren.

Aber nicht nur auf dieser vergleichsweise abstrakten Ebene spielen Regeln der Bedeutung schon in erster Näherung auch in der Literaturwissenschaft eine eminente Rolle. Wer immer Literatur liest, geht nicht nur davon aus, einen bedeutungsvollen Text vor sich zu haben. Er ordnet ihm Äußerungsinstanzen zu, klassifiziert die Art des Textes und erwartet eine bestimmte Rezeptionshaltung dem Text gegenüber, und das ganz unabhängig davon, welchem theoretischen und methodischen Ansatz jemand folgt. Ob man einem Gedicht den Autor »Volk« oder »Brentano« zuordnet, ob man die Anordnungen des Textes als Gedicht oder Fragment versteht, einen magischen Textgebrauch vermutet oder eine meditative Privatlektüre voraussetzt, sind erhebliche Differenzen, aber immer regelgeleitete Bedeutungszuweisungen. Der Text an sich, jenseits der Bedeutung, ist bestenfalls ein (neo-)romantisches Wunschbild. Nicht dass literarische Bedeutung regelhaft ist, kann strittig sein, sondern nur das Wie dieser Regeln. ›Bedeutung‹ ist daher ein literaturwissenschaftlicher Grundbegriff, aber ein Grundbegriff, dem das Fach auffällig wenig Aufmerksamkeit schenkt.

Die Selbstbeschreibung des Faches kennt eine systematische Reflexion des Begriffes ›Bedeutung‹, noch dazu über die Grenzen der Theorien und Methoden hinweg, bestenfalls in Ansätzen. Die Gründe, warum die Literaturwissenschaft dazu tendiert, ihren Gegenstand zu verabsolutieren und dadurch die Regeln der Bedeutungsbildung aus dem Blick zu verlieren, sind vielfältig. Traditionen des inspirierten Sprechens, des poeta vates, der Genieästhetik und Ästhetikkonvention spielen dabei ebenso eine Rolle wie disziplingeschichtliche und fachpolitische Begründungen.8 Im Einzelnen müssen uns die Gründe hier nicht interessieren. Wichtig ist nur die Beobachtung, dass zwischen der theoretischen Selbstbeschreibung der Literaturwissenschaft und ihrer Praxis zu unterscheiden ist. Während in der Praxis den Regeln der literarischen Bedeutung der Status eines Grundbegriffs zukommt, ohne den kein literaturwissenschaftlicher Umgang mit Literatur möglich ist, hebt die Theoriedebatte das Nicht-Regelhafte literarischer Bedeutung hervor. Die Praxis-Theorie-Differenz ist für den disziplinären Status der Literaturwissenschaft vielfach typisch und bietet ihr Vorteile, die Eigenständigkeit als Fach zu profilieren. Intellektuell ist das aber unbefriedigend, mindestens so unbefriedigend auch, dass sich damit Literaturwissenschaft gegenüber Modernisierungen ihres Selbstverständnisses ebenso immunisiert wie gegenüber Forschungsergebnissen anderer Disziplinen isoliert. Gemessen an Grundbegriffen wie ›Autorschaft‹ oder ›Fiktionalität‹ ist ›Bedeutung‹ der unbekannte Grundbegriff der Literaturwissenschaft.

Der Band ›Regeln der Bedeutung‹ beansprucht, Bedeutung als literaturwissenschaftlichen Grundbegriff sichtbar zu machen. Wenn jede interpretierende Aussage über einen literarischen Text bestimmte Annahmen darüber voraussetzt, auf welche Weise er Bedeutung erzeugt, vermittelt oder veranlasst, dann muss ein Fach, das Wissenschaft im Namen führt, die Arbeit am Begriff suchen. Die Erforschung der implizit mitlaufenden Annahmen, wie literarische Bedeutung funktioniert, gehören daher in der Systematik der Faches zu ihren zentralen Aufgaben, gerade weil meist unklar bleibt, was eigentlich gemeint ist, wenn von der ›Bedeutung‹ eines literarischen Werkes die Rede ist. Geht es um den ästhetischen oder moralischen Wert eines Textes, um seinen lexikalischen, metaphorischen, repräsentativen oder symptomatischen Sinn, um die rekonstruierte Intention des realen oder impliziten Autors, um kognitive oder emotive Reaktionen des empirischen oder impliziten Lesers? Die Liste solcher Gebrauchsweisen des Bedeutungsbegriffs in der Literaturwissenschaft lässt sich leicht verlängern. Hier Klarheit zu gewinnen, in dem Problemlagen identifiziert, Vorannahmen thematisiert und Widersprüche der Konzepte und Begriffe ausgeräumt werden, ist Ziel des Bandes. ›Bedeutung‹ ist zu zentral für die literaturwissenschaftliche Arbeit, um den Begriff den Vorurteilen und Zufälligkeiten zu überlassen, die seine Konzeptualisierung derzeit bestimmen.

Der Bedeutungsbegriff ist im praktischen Umgang mit Literatur notorisch vieldeutig. Ihm entspricht in der Literaturwissenschaft und Ästhetik eine Fülle verschiedenster Bedeutungstheorien, die sich überwiegend aus der Fachdiskussion des letzten halben Jahrhunderts herschreiben: In den sechziger und siebziger Jahren vertrat die Rezeptionsästhetik hermeneutische und phänomenologische Konzepte. Gegen diese Tradition wurde im Zuge der Forderung nach Verwissenschaftlichung der Disziplin versucht, den Bedeutungsbegriff zu operationalisieren. Die meisten dieser Versuche – vor allem die strukturalistisch und linguistisch inspirierten Bemühungen, eine ›literarische Semantik‹ oder eine ›generative Erzählgrammatik‹ zu konstituieren – kamen über Ansätze nicht hinaus und wurden, ohne das Problem befriedigend gelöst zu haben, aufgegeben. Parallel dazu bestimmte die sogenannte Empirische Theorie der Literatur die Bedeutungskonstituierung als eine rein leserabhängige Operation: Ein literarischer Text habe Bedeutung nur für und durch einen Rezipienten. In den achtziger Jahren lebte die Diskussion um die Bedeutung literarischer Texte unter poststrukturalistischen und diskursanalytischen Prämissen wieder auf. In beiden Fällen ging es um eine Kritik hermeneutischer Interpretationspraxis, nun allerdings mit dem Ziel, einerseits die prinzipielle Instabilität, an­derer­seits die Diskursabhängigkeit von Bedeutungszuschreibungen auf­zu­decken. In den neunziger Jahren wurde dann – mit ähnlicher Stoßrichtung – der komplexe Kommunikationsbegriff der Systemtheorie in die literaturwissenschaftliche Debatte eingeführt. Daneben weckte der ›cultural turn‹ das Interesse für kultur- und genderspezifische Bedeutungen in der Literatur.9 In allen diesen Theoretisierungen ist Bedeutung freilich nur ein diffus gebrauchter Begriff, ja vielfach kommt ihm noch nicht einmal Begriffstatus zu. Das hat Folgen für die Theoriedebatte, die auch deshalb ins Leere gelaufen ist, weil ihr an einer wissenschaftlichen Klärung der zentralen, an den Grundbegriff der Bedeutung gekoppelten Annahmen über das, was ihr Gegenstand, die Literatur ist, so wenig liegt.

Die Beiträge des vorliegenden Sammelbandes nehmen die losen Enden dieser Diskussion auf und suchen nach Integrationsmöglichkeiten. Sie überprüfen kritisch die Plausibilität und Erklärungskraft der verschiedenen Ansätze und der impliziten Bedeutungskonzeptionen der – von theoretischen Überlegungen oft unbeeindruckten – literaturhistorischen Interpretationspraxis. Überlegungen anderer Disziplinen wie der Philosophie, Linguistik, Kognitionspsychologie und Soziologie werden herangezogen, sofern sie für eine disziplinäre Verständigung über den Grundbegriff der Bedeutung hilfreich sind. Zur Orientierung im wenig strukturierten Diskussionsfeld stellen wir hier einen knappen historischen Überblick über einige (keineswegs alle) neueren Theorien der Bedeutung literarischer Werke voran, gefolgt von einer Skizze der systematische Aspekte der literarischen Bedeutung.

1.  Theorien literarischer Bedeutung im 20. Jahrhundert

Auf die Frage »Was bedeutet ein literarisches Werk?« haben Literaturtheorien des 20. Jahrhunderts viele Antworten gegeben. Das kann angesichts der üblichen Uneinigkeit der Literaturtheorie gerade gegenüber ihren Grundbegriffen nicht überraschen. Es kann aber insbesondere auch deswegen nicht überraschen, weil die literaturwissenschaftlichen Bedeutungstheorien immer wieder Theoreme aus anderen Disziplinen wie der Philosophie, der Linguistik, der Kunstgeschichte, der Psychologie oder der Soziologie importiert haben – Disziplinen, in denen der Begriff der Bedeutung ähnlich disparat diskutiert wird wie in der Literaturwissenschaft.

Im Folgenden wollen wir den Stellenwert des Bedeutungsbegriffs in sechs Forschungstraditionen andeuten, welche die literaturwissenschaftliche Diskussion im 20. Jahrhundert in besonderem Maße geprägt haben, nachdem im 19. Jahrhundert einerseits der Positivismus, andererseits die Hermeneutik den Umgang die Literaturtheorie dominiert hatten.10 Eine vergleichende und umfassende Geschichte des Bedeutungsbegriffs in der modernen Literaturtheorie ist noch nicht geschrieben worden.11 Unsere Rekonstruktion ist deshalb nur ein stark selektiver und skizzenhafter Vorschlag, das unüberschaubare Feld zu konturieren.

(1) Aus der Tradition der analytischen Philosophie haben verschiedene Ansätze12 in literaturwissenschaftliche Theorien der Bedeutung Eingang gefunden. Wir heben drei besonders einflussreiche hervor.

(a) Der Mathematiker und Sprachphilosoph Gottlob Frege führte um 1900 eine Unterscheidung zwischen dem ›Sinn‹ und der ›Bedeutung‹ sprachlicher Ausdrücke ein:

Es liegt nun nahe, mit einem Zeichen (Namen, Wortverbindung, Schriftzeichen) außer dem Bezeichneten, was die Bedeutung des Zeichens heißen möge, noch das verbunden zu denken, was ich den Sinn des Zeichens nennen möchte, worin die Art des Gegebenseins enthalten ist. […] Es würde die Bedeutung von ›Abendstern‹ und ›Morgenstern‹ dieselbe sein, aber nicht der Sinn.13

Freges Unterscheidung wurde in der Literaturwissenschaft nicht nur von einigen Fiktionalitätstheoretikern aufgegriffen, sondern diente auch E. D. Hirsch in seinem einflussreichen Buch ›Validity in Interpretation‹ (1967) dazu, zwischen zwei verschiedenen Aspekten der Bedeutung literarischer Texte zu unterscheiden. Einerseits, so führt Hirsch aus, besitze das literarische Werk ›meaning‹, nämlich eine stabile, von historischen und individuellen Bedingungen des Lesers unabhängige Bedeutung, die durch den literaturwissenschaftlichen Akt der Interpretation zu erfassen sei. Andererseits werde jedem Werk aber auch ›significance‹ zugewiesen, nämlich eine variable Bedeutung, die von den individuellen Bedingungen der jeweiligen Rezeption abhänge und durch die Applikation des Textes auf die jeweilige Situation geprägt sei.

Meaning is that which is represented by a text; it is what the sign represent. Significance, on the other hand, names a relationship between that meaning and a person, or a conception, or a situation, or indeed anything imaginable. […] Significance always implies a relationship, and one constant, unchanging pole of that relationship is what the text means.14

(b) Eine anderer analytischer Ansatz geht auf die Bedeutungstheorie des späten Ludwig Wittgenstein zurück, der die Bedeutung sprachlicher Ausdrücke mit ihrem Gebrauch identifiziert. In ihrer Weiterführung durch H. Paul Grice fand diese Gebrauchstheorie der Bedeutung auch in der Literaturwissenschaft Anwendung. Grices pragmatischer Ansatz hob den Einfluss unausgesprochener Konventionen für das Textverständnis hervor. Was ein Text bedeute, bestehe nicht nur aus dem, was er explizit mitteile, sondern auch aus Vorausgesetztem und implizit Ausgedrücktem, das der Leser in Form von Implikaturen, Inferenzen oder Präsuppositionen erschließe.15 In seinen späteren Arbeiten nimmt z.B. Umberto Eco diesen Ansatz auf und beschreibt die Bedeutung eines literarischen Werkes als Produkt eines kommunikativen Prozesses zwischen Autor und Leser, der wesentlich vom Erkennen impliziter Textinformationen seitens eines »Modell-Lesers« abhänge, welcher in seiner (vom Autor gelenkten) Lektüre allererst den »virtuellen Text« des Werkes hervorbringe.16

(c) Ein dritter Ansatz stammt aus der analytischen Ästhetik und geht auf Immanuel Kants Theorie des ästhetischen Urteils zurück. Kant entwickelt in seiner ›Kritik der Urteilskraft‹ (1790) die Auffassung, Urteile über ästhetische Gegenstände wiesen eine besondere Struktur auf: Sie zeigten durch die Darstellung eines Besonderen zugleich auch etwas Allgemeines auf, wobei dieses Allgemeine nicht eindeutig und abschließend bestimmbar, sondern nur unbestimmt gegeben sei. Nelson Goodman und Gottfried Gabriel haben diese Bestimmung aufgegriffen und die spezifische Bedeutungskonstituierung von Kunstwerken (auch) darin gesehen, dass in ihnen eine ›Richtungsänderung des Bedeutens‹ (Gabriel) stattfinde. Ihrer Auffassung zufolge stellen Kunstwerke Einzelnes dar – aber das auf eine besondere Weise, welche dieses Einzelne zum Zeichen für ein unbestimmtes Allgemeines mache. Goodman fasst die Besonderheit ästhetischen Bedeutens mit der Bestimmung, ein Kunstwerk denotiere nicht einen Gehalt, sondern exemplifiziere ihn metaphorisch.17 Gabriel beschreibt diese Eigenschaft ästhetischer Werke folgendermaßen: »Es ist die Richtungsänderung des Bedeutens, die aus dem Einzelnen ein Besonderes macht: Das Besondere ist das be-deutende Einzelne«. Aus dieser besonderen Art der Bedeutungszuweisung erwachse der nicht auf andere Erkenntnisweisen (z.B. der Wissenschaft) reduzierbare »Erkenntniswert« künstlerischer Werke: »Der ästhetische Wert, der dann freilich nicht einfach mit Schönheit oder einem anderen ›Gefallenswert‹ gleichzusetzen wäre, sondern eine besondere Art des Erkenntniswertes ausmachen würde, bestünde dann darin, dass die reflektierende Urteilskraft in Gang oder hier vielleicht besser ›in Schwung‹ gehalten wird.«18

(2) E. D. Hirschs analytische Unterscheidung zwischen ›meaning‹ und ›signifi­cance‹ war eine Reaktion gegen eine hermeneutische Bedeutungstheorie, wie sie im 20. Jahrhundert von Hans-Georg Gadamer und Hans Robert Jauß vertreten wurde. Die Rekonstruktion der Bedeutung eines Textes ist nach hermeneutischer Auffassung stets gebunden an den Verstehenshorizont des Lesers. Anders als Hirsch hält die Hermeneutik das interpretatorische Ideal einer stabilen Textbedeutung (›meaning‹) für irreführend. Um der bei diesem Ansatz naheliegenden Konsequenz eines historistischen Relativismus auszuweichen, erklärt sie den idealen Verstehensprozess als eine kontrollierte Verschmelzung von Autorhorizont einerseits und Leserhorizont andererseits – als »bewusst vollzogene Horizontverschmelzung zwischen Vergangenheit und Gegenwart, vorentworfenem Sinn und konkretisierter Bedeutung«.19 Die Bedeutung eines Textes erscheint demnach als variables Produkt zweier Faktoren.

(3) Einen ganz andersartigen Bedeutungsbegriff legt die Stilkritik oder Deviationsstilistik zugrunde, wie sie in der ersten Jahrhunderthälfte von den Romanisten Karl Voßler und Leo Spitzer entwickelt wurde. Anders als im Strukturalismus, der die Deviationsstilistik in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts als dominierendes Paradigma ablöste, galt das Interesse hier nicht überindividuellen (etwa für eine Gattung, eine Epoche oder einen Diskurs typischen) Bedeutungen, sondern dem, wodurch sich ein gegebener literarischen Text von allen anderen unterscheidet. Bedeutung wird hier als sinntragende Abweichung von stilistischen Normen gefasst. Kleine grammatische Besonderheiten im Tempusgebrauch, in der Verwendung von Personalpronomina, in Lexik oder Syntax erscheinen als Symptome eines individuellen Stils und werden zum Ansatzpunkt der Interpretation. Harald Fricke erweiterte die Deviationsstilistik Voßlers und Spitzers zu einer allgemeinen Theorie des Literarischen als poetische Normabweichung, nämlich als »Verletzung sprachlicher Normen, die eine nachweisbare Funktion erfüllt und deretwegen somit überwiegend keinerlei Sanktionen akzeptiert werden«.20

(4) Den vielen Varianten des Strukturalismus liegen wiederum andere Bedeutungsbegriffe zugrunde. Die Bedeutung eines literarischen Textes wird hier aus seiner besonderen internen Struktur abgeleitet. Bereits die Russischen Formalisten hatten den Kunstcharakter von Literatur mit der Anwendung bestimmter, den etablierten Gebrauch verfremdender Verfahren erklärt. Viktor Å klovskij bestimmte in seinem berühmten Essay ›Kunst als Verfahren‹ (1916) das Spezifische von Literatur durch das Verfahren der Verfremdung. Anders als die ›praktische Sprache‹ sei dichterische Sprache eine »Konstruktions-Sprache«. Dichtung definiert Å klovskij durch ihre »gebremste, verbogene Sprache«; »Bremsung, Verzögerung« seien geradezu das »allgemeine Gesetz der Kunst«.21

Im Strukturalismus waren dann zwei Ansätze besonders erfolgreich, von denen sich der eine vor allem auf lyrische, der andere auf erzählende Texte bezog.

(a) Roman Jakobsons Aufsatz ›Linguistik und Poetik‹ (1960) formulierte das berühmte »Äquivalenzprinzip« als fundamentale Konstitutionsregel (nicht nur, aber vor allem) lyrischer Texte. Selektion und Kombination sind für Jakobson die beiden grundlegenden Operationen, die »jedem verbalen Verhalten zugrundeliegen«:

Wenn ›Kind‹ das Thema einer sprachlichen Botschaft bildet, wählt der Sprecher aus den gegebenen, mehr oder weniger ähnlichen Hauptwörtern Kind, Baby, Knirps, Bengel etc., die alle in einer bestimmten Hinsicht gleichwertig sind, eines aus und wählt dann, um das Thema auszuführen, ein semantisch passendes Verb wie schläft, döst, schlummert etc. Die beiden ausgewählten Wörter werden zu einer Aussage kombiniert. Die Selektion vollzieht sich auf der Grundlage der Äquivalenz, der Ähnlichkeit und Unähnlichkeit, der Synonymie und Antinomie, während der Aufbau der Sequenz auf Kontiguität basiert. Die poetische Funktion projiziert das Prinzip der Äquivalenz von der Achse der Selektion auf die Achse der Kombination.22

Die ›Bedeutung‹ eines Gedichtes sieht Jakobson dann in einer übergreifenden Struktur von Gegensätzen, die nicht nur semantische, sondern auch alle anderen Aspekte des Textes umfasst.

(b) Auch der strukturalistischen Erzählforschung, wie sie im Anschluss an Vladimir Propps ›Morphologie des Zaubermärchens‹ (1927) von Claude Lévi-Strauss, A. J. Greimas, Jurij Lotman und anderen entwickelt wurde, liegt die Idee einer Opposition als fundamentaler Bedeutungsstruktur zugrunde. Diese Ansätze folgen der Auffassung, dass in Erzähltexten die Ebene der dargestellten Geschichte (›histoire‹) von einer abstrakten, atemporalen Tiefenstruktur überlagert werde, welche aus kontradiktorischen oder konträren Gegensatzpaaren (z.B. ›weiß vs. schwarz‹, ›männlich vs. weiblich‹, ›europäisch vs. barbarisch‹) bestehe. Die primäre, chronologisch strukturierte Bedeutungsebene der Geschichte erhalte erst durch den Rahmen dieses übergreifenden, atemporalen Gegensatzes ihre sekundäre, spezifische Bedeutung.

(5) Der Bedeutungsbegriff des Dekonstruktivismus, wie er seit den späten sechziger Jahren etwa von Jacques Derrida und Paul de Man entwickelt wurde, nimmt einige Aspekte der bislang genannten Ansätze auf, wie z.B. das kantianische Postulat der Offenheit der Bedeutung oder die konstitutive Rolle der Äußerungssituation im analytisch-pragmatischen Ansatz von Grice, und wendet sich insbesondere gegen den Strukturbegriff des Strukturalismus. In seinem Aufsatz ›Force et signification‹ (1963) etwa versucht Derrida plausibel zu machen, dass ein Text über seine vom Autor intendierte ›signification‹ und vom Literaturwissenschaftler bestimmte Struktur hinaus stets ein überschüssiges Bedeutungspotential (›force‹) enthalte, das der intendierten Bedeutung neue Bedeutungen hinzufüge, welche jene nicht nur erweitere, sondern ihr auch widerspreche. »Die Struktur eines Werkes und die Form einer Kraft begreifen, heißt den Sinn im Augenblick seiner Gewinnung verlieren«.23 Derrida zufolge findet sich dieser ebenso unvermeidliche wie unkontrollierbare Bedeutungsüberschuss freilich nicht nur in literarischen, sondern generell in allen Texten.24

(6) Die neben der Psychoanalyse einflussreichste Theorie des 20. Jahrhunderts, der Marxismus, hat auch eine eigene Bedeutungstheorie entwickelt: die Widerspiegelungstheorie. Sie ist in die sehr viel allgemeinere Auffassung eingebettet, dass die gesellschaftsstrukturelle Basis den gedanklichen Überbau bestimmt. Ihr wortmächtigster Vertreter, Georg Lukács, hat im Begriff des ›Typus‹ den Schlüssel gesehen für die Vermittlung zwischen der individualisierenden Darstellung in der Literatur und der Gesellschaftsstruktur.25 Die anhaltende Diskussion über die Schwächen des Begriffs der Widerspiegelung hat dem Erfolg der Konzeption, literarische Texte als Symptome für gesellschaftsstrukturelle Phänomene zu betrachten, keinen Abbruch getan, nicht zuletzt, weil auf diese Weise eine wertende Beschreibung der ›eigentlichen‹ Bedeutung von Texten möglich wurde. Die Ideologiekritik, mit ihrer Beschreibung von affirmativer und kritischer Position der Texte, hat davon ebenso profitiert wie die Analyse der Machtstrukturen in Diskursen, feministische Lektüren und die Postcolonial Studies.26

2.  Systematische Aspekte des Bedeutungsbegriffs

Ausgehend von theoretischen Postulaten der Foucaultschen Diskursanalyse, die sie mit der Dekonstruktion teilt, wurde im Fach flächendeckend der Versuch in Frage gestellt, die oder eine Gesamtbedeutung eines ›Werks‹ zu rekonstruieren. Statt dessen erscheinen erheblich häufiger Arbeiten, in denen Einzelaspekte literarischer Texte und deren Beziehungen zu verschiedenen Kontexten untersucht werden. Nur noch selten wird nach ›der Bedeutung‹ eines Textes gefragt, öfter nach seinen internen Strukturen, Diskursbezügen und intertextuellen Zusammenhängen, nach seinem ›Spiel‹ mit literarischen oder kulturellen Mustern. Jedoch sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass auch unter solchen Fragestellungen bedeutungszuschreibende Operationen vorgenommen werden müssen. Wie jeder ›Normalleser‹ vollziehen auch professionelle Leser Schritte der Textverarbeitung, während derer sie sprachlichen Einheiten Bedeutung zuschreiben, und anders als jene dokumentieren sie diese Zuschreibungen in ihren wissenschaftlichen Texten. Bei diesen Bedeutungszuschreibungen handelt sich also einerseits um unvermeidliche Abläufe im Prozess des Textverstehens,27 zum anderen aber auch um Operationen, die von vorausgesetzten literaturtheoretischen Annahmen mitbestimmt werden. Diese theoretischen Annahmen zielen darauf ab, das Potential möglicher Bedeutungszuschreibungen zu reglementieren. Das ist auch dann der Fall, wenn es nicht um die Gesamtbedeutung eines literarischen Textes geht.

Die theoretische Perspektive werden wir im Folgenden entfalten. Wir wollen erstens einen Überblick über systematische Möglichkeiten geben, wie Konzeptionen literarischer Bedeutung gefasst und theoretisch modelliert werden können, und zweitens versuchen, die verschiedenen Komponenten, die der mehrdeutige Bedeutungsbegriff enthalten kann, zu differenzieren. Dabei ist zu beachten, dass Bedeutungskonzeptionen, systematisch betrachtet, ein wesentlicher Bestandteil von Literaturtheorien sind und dass sie innerhalb dieser Theorien sehr unterschiedlich begründet werden können.28 Das erschwert die Rekonstruktion und vor allem den Vergleich der Positionen. Als möglichst neutraler Ausgangspunkt und zugleich als ›mental map‹, um die verschiedenen Aspekte des Problems zu gliedern, dient uns ein erweitertes Kommunikationsmodell. Mit der Unterscheidung der Aspekte ›Autor‹‚ ›Text‹, ›Kontexte‹ und ›Leser‹ beanspruchen wir nicht, das Phänomen der bedeutungskonstitutiven Faktoren abzubilden. Vielmehr dient sie als Heuristik, um die verschiedenen Komponenten, die Bedeutungskonzepte in literaturwissenschaftlichen Modellierungen aufweisen können, idealtypisch zu erfassen und zu ordnen. In unserer Übersicht können damit auch z.B. Positionen erfaßt werden, deren Vertreter einem literarischen Text explizit keine Kommunikationsabsicht zuschreiben.

Wenn wir im Folgenden die verschiedenen literaturwissenschaftlichen Auffassungen von Bedeutung nach den Komponenten des Kommunikationsmodells ordnen, dann überschneiden sich diese Kategorien mit anderen möglichen Unterscheidungen. Auch wenn wir sie nicht als leitende Ordnungskategorien heranziehen, tragen sie zur Klärung des Problems bei. Vor allem drei Unterscheidungen sind wichtig und werden ›quer‹ zu dem gewählten Klassifikationsschema verwendet:

(i) Bedeutungskonstitutiv – zur Bedeutung beitragend. Die Bedeutungskonzeptionen literaturtheoretischer Positionen differieren nicht nur darin, welche Faktoren der literarischen Kommunikation sie einbeziehen, sondern auch darin, welchen Stellenwert sie diesen Faktoren für die Bildung von Bedeutung zuschreiben. So kann etwa die Autorintention als das zentrale Moment verstanden werden, das die Bedeutung eines Textes festlegt, oder als einer von mehreren Bausteinen, aus denen sich diese Bedeutung zusammensetzt. Gerade neuere Theorien profilieren sich des öfteren damit, dass sie dieselben Komponenten wie ihre Vorgänger einbeziehen, sie aber provokativ anders gewichten, um das Neue des eigenen Standpunkts zu markieren. Als prominentes Beispiel sei Marshall McLuhans Slogan »The medium is the message« angeführt,29 der aus einem traditionellerweise zur Bedeutung beitragenden Faktor der Kommunikation den eigentlichen Bedeutungsträger macht.

(ii) Gesamtbedeutung – Partialbedeutung. Um die verschiedenen Positionen voneinander abgrenzen zu können, ist zu berücksichtigen, ob sie die bzw. eine Gesamtbedeutung eines literarischen Textes meinen, wenn sie von ›Bedeutung‹ sprechen, oder ob sie auf die Bedeutung einzelner Textpassagen zielen. Die erste, voraussetzungsreichere Option wird, wie gesagt, heute erheblich seltener vertreten als noch in den frühen 1980er Jahren, während die zweite Option selbst in Literaturtheorien, deren Vertreter die Möglichkeit einer Gesamtbedeutung verneinen, unumgehbar ist.

(iii) Implizite – explizite theoretische Annahmen. Zu unterscheiden ist ferner, ob in einer Literaturtheorie implizite Annahmen über die Bedeutung literarischer Texte vorkommen oder ob die Theorie über eine ausgearbeitete Bedeutungskonzeption verfügt, die sie auf einer Metaebene reflektiert. Dem Unterschied im argumentativen Status solcher Annahmen entsprechend variiert die Reichweite ihrer Geltung, und auch die Frage, welche Relevanz sie für den praktischen Umgang mit literarischen Texten beanspruchen können, entscheidet sich hier.

Unser Ziel ist es, einen knappen Überblick über die systematischen Möglichkeiten zu verschaffen, Bedeutungskonzeptionen in literaturtheoretischen Zusammenhängen einzusetzen. Tatsächlich vertretene Literaturtheorien sind jedoch nur in wenigen Fällen genau einem Punkt unserer systematischen Übersicht zuzuordnen. In der Regel beziehen sie mehrere Aspekte ein, was allerdings nicht selten implizit geschieht: Selbst wenn explizit ein Aspekt der literarischen Kommunikation als der wesentliche, bedeutungskonstitutive postuliert wird, kann doch unausgesprochen ein weiterer vorausgesetzt werden. So liegt den meisten textzentrierten Bedeutungskonzeptionen die unausgesprochene Annahme zugrunde, der Autor habe eine mindestens minimal bedeutungskonstitutive Funktion, und sei es nur die, den Text raumzeitlich zu fixieren.30 Zudem ist für die Rekonstruktion wichtig zu beachten, dass die literaturtheoretisch begründeten Bedeutungskonzeptionen in vielen Fällen zugleich als Wertmaßstäbe dienen. In diesen Fällen bildet die Zuschreibung eines bestimmten Typs von Bedeutung zur Literatur schon eine verdeckte normative Aussage. Ein Beispiel: Wenn die Bedeutung von Literatur als Subversion konventioneller Bedeutung (in welchem Sinne auch immer) verstanden wird, dann gilt diese literarische Bedeutung als die wertvollere. Mit dieser Operation werden zugleich der literarische Text wie auch die Tätigkeiten, die erforderlich sind, um seine Bedeutungen zu rekonstruieren, als besonders relevant eingestuft.

2.1.  Autor

Der Autor als Urheber und Gestalter des literarischen Textes ist für eine ganze Reihe von Bedeutungstheorien zentral. Einen prominenten Platz nehmen dabei die Theorien ein, die die Intention des Autors in den Mittelpunkt ihrer Bedeutungskonzeption stellen (i); sehr viel mehr Theorien allerdings beziehen sich in der einen oder anderen Weise auf die Intention des Autors, auch wenn sie sie nicht für wesentlich erachten, um die Bedeutung bzw. Bedeutungen eines Kunstwerks zu bestimmen (ii). Nicht-intentionalistische Bezüge auf den Autor gehen von einem Zusammenhang zwischen dem Werk und einem nichtbewussten Aspekt des Autors aus und negieren zugleich die Existenz von Intentionen (iii).

(i) Intentionalistische Bedeutungskonzeptionen sehen einen engen Zu­sammen­hang zwischen der Gesamtbedeutung oder den Teil­bedeutungen eines Textes und der Autorintention. In der literaturwissenschaftlichen Praxis stellt diese Art der Bezugnahme immer noch eine der wesentlichen Ge­­danken­figuren dar, auch wenn Literaturtheoretiker im 20. Jahrhundert mit ganz unterschiedlichen theoretischen Gründen diese Vorgehensweise ab­gelehnt haben.31 Häufig wird eine autorintentionalistische Position gleich­gesetzt mit der Hermeneutik, was der Differenziertheit des hermeneutischen Modells nicht gerecht wird, da dort von Anfang an autorbezogene Interpretationsschritte durch solche, die auf das Sprachsystem und andere Typisierungen bezogen sind, ergänzt wurden. Autorintentionalistische Auffassungen basieren auf Kommunikationsmodellen, d.h. das künst­lerische Werk wird als Zeichenkomplex in der Kommunikation zwischen Autor und Publikum aufgefasst. Entsprechend wird diese Kommunikation als Sonderfall menschlicher Kommunikation behandelt, deren allgemeine Regeln und Wirkungsweisen auch hier Gültigkeit haben und er­gänzt werden um die Gebrauchsregeln ästhetischer und fiktionaler Kommunikation. Entsprechend der großen Bandbreite von intentionalen Konzeptionen kann die Bedeutung eines Kunstwerks bzw. einzelner Teile in verschiedener Weise modelliert werden: als identisch mit dem mentalen Zustand des Autors auf der einen Seite oder auf der anderen Seite als Zielpunkt der Schlussfolgerungen aufgrund der Zeichen. In jedem Fall ist die Intentionalität der Kommunikation noch vor der Ermittlung einer spezifischen Intention eine grundlegende Annahme für alle weiteren Schritte des Verstehens.

(ii) Bereits in der Aufklärungshermeneutik kursierte der Topos, dass der Interpret den Autor besser verstehen solle und könne, als der Autor selbst.32 Grundlage für diese Formel ist die Beobachtung, dass die Autorintention alleine zumeist nicht alle Sinnbezüge der künstlerischern Kommunikation erklären kann, und das nicht zuletzt, weil sich Kommunikation aufgrund zahlreicher automatisierter Prozesse ereignet. Die Theorien dieser Gruppe gehen allerdings davon aus, dass die nicht-bewussten Aspekte für die Konstitution der Bedeutung des Textes sehr viel wesentlicher sind als die daneben existierende Intention des Autors. Sie nehmen zwar an, dass es eine Autorintention gibt, aber erachten sie nicht für wesentlich, um die eigentliche Bedeutung eines literarischen Textes zu ermitteln, da andere autorbezogene Mechanismen der Bedeutungskonstitution wirksam sind. Die Autorintention kann zusammenfallen mit diesen Mechanismen, z.B. wenn der Autor in seinem bewussten Tun den Geist seiner Zeit partial verwirklicht und repräsentiert, oder sie kann auch weitgehend unabhängig davon sein, z.B. wenn seine unbewussten Wünsche und das von ihm Verdrängte seinen Text prägen. Ganz typisch für Interpretationen aufgrund von Theorien dieser Art ist es, eine manifeste, aber eigentlich uninteressante und unwichtige Bedeutung des Textes neben die eigentlich wichtige, verborgene Bedeutung zu stellen. Solche Bedeutungstheorien modellieren einen Bezug zwischen dem Autor und der Bedeutung eines Werks bzw. den Teilbedeutungen, der das Bewußtsein sozusagen umgeht. Der Autor ist dann lediglich Medium oder Durchgangsstation für die im künsterischen Werk wesentlich wirksamen Kräfte, z.B. seine verdrängte Sexualität, Archetypen, seine Klassenanschauung oder biologische Strukturen. Unter diesem Gesichtspunkt ist der kommunikative Charakter von Kunstwerken unwichtig.

(iii) Teile der modernen Subjektkritik haben sich auch sehr kritisch mit dem Begriff der Intention auseinandergesetzt und betrachten ihn, wie z.B. Foucault in seinem Aufsatz über den Autor,33 als psychologische Projektion des Lesers aufgrund von Textmerkmalen. Unter dieser Perspektive sind Autoren lediglich Schnittmengen von Diskursen, und der Leser kann das Spiel der Bedeutungen in seinen Lektüren erfahren – ungelöst ist allerdings der Widerspruch, dass die Autorfunktion einerseits konstitutiv für bestimmte Diskurse ist, andererseits Literaturwissenschaftler aber glauben, mit Bezug auf diese Position die Autorfunktion umgehen zu können. Theorien und Praktiken dieser eher textzentrierten Gruppe basieren zumeist nicht auf Kommunikationstheorien, sondern auf binären Zeichentheorien, aufgrund derer Worte und andere sprachliche und thematische Elemente als Kode aufgefasst werden können.

2.2.  Text

Von einer prinzipiell anderen Grundlage her argumentieren Theoretiker, die den Text als die entscheidende Größe ihrer Bedeutungskonzeption heranziehen. Paradigmatisch für diese Gruppe sind Positionen, nach denen das Zeichen und/oder der Text als Träger einer angebbaren Bedeutung aufzufassen ist. Aber auch die Theorien, in denen unter Rekurs auf allgemeine Annahmen über die Beschaffenheit von Zeichen und Texten die These begründet wird, dass Bedeutung nicht fixierbar sei, sind hier zuzurechnen. Was diese beiden Extrempositionen miteinander verbindet, ist ihr binärer Zeichenbegriff. Alle Ansätze, in denen an zentraler Stelle der Argumentation mit einem solchen Zeichenbegriff operiert wird, und die meisten Positionen, die ein Kode-Modell der Sprache voraussetzen, zählen zur textorientierten Gruppe von Bedeutungskonzeptionen. Bei einem binären Zeichenbegriff steht die Beziehung zwischen Signifikaten und Signifikanten im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Welche Möglichkeiten der Bedeutungsgenerierung einem Text zugeschrieben werden, hängt von der Einschätzung dieser Beziehung ab; ausschlaggebender Faktor ist aber der Text als Kette oder Komplex von Signifikanten. Wer annimmt, dass Bedeutung von Literatur am besten mit Hilfe des Kodebe­griffs fassbar sei, geht ebenfalls davon aus, dass das Zeichen – in mehr oder minder komplexem Zusammenspiel mit anderen semiotischen Instanzen – Träger einer Bedeutung ist. Entsprechend ist es der literarische Text, dessen interne Strukturen und Relationen und dessen Beziehungen zum übergeordneten Sprachsystem zu rekonstruieren sind. Hier kann es der Aspekt der langue oder der der parole sein, der fokussiert wird, je nachdem, ob es um den Text als eigenständiges Objekt oder um den Text in Verwendungszusammenhängen geht.

Systematisch sind vier Möglichkeiten zu unterscheiden, mit Bezug auf den Text die Bedeutung von Literatur zu bestimmen. Sie richten sich danach, welcher Aspekt eines Zeichens bzw. Textes fokussiert wird: (i) seine Form, (ii) sein Inhalt, (iii) seine Materialität34 oder (iv) der semiotische Prozess.

(i) Beispiele für Positionen, nach denen die Bedeutung literarischer Werke vor allem in ihrer Form begründet liegt, bieten der New Criticism und die Werkimmanenz. Sie sehen in der literarischen Form die genuin ästhetische Bedeutungsqualität. Wimsatt und Beardsley haben den zu­grundeliegenden Gedanken mit Archibald MacLeish pointiert formuliert: »A poem should not mean but be«.35 Als sprachliche Objekte haben literarische Texte zwar notwendigerweise Bedeutung, jedoch nicht im Sinne alltäglicher Aussagen, die eine intendierte Botschaft vermitteln. Vielmehr muss die Bedeutung literarischer Texte als Komplex aufgefasst werden, der ästhetischen Regeln gehorcht und der daher als Gesamtheit und gleichzeitig – »all at once« – wahrgenommen wird.36 Die Annahme, die besondere Bedeutung literarischer Texte sei ästhetisch fundiert, ist eng mit dem Gedanken verknüpft, Literatur sei autonom.

(ii) Mehrere literaturwissenschaftliche Ansätze zielen auf den semantischen Gehalt von Literatur und beziehen ›Bedeutung‹ auf die Inhaltsebene der Texte. Ein Beispiel dafür bieten strukturalistische Positionen wie die Lotmans. Zwar wird der Bedeutungsbegriff im Strukturalismus zunächst rein formal bestimmt: Bedeutung erhält ein Zeichen durch seinen Unterschied zu den anderen Zeichen des Sprachsystems. Jedoch geht es in vielen strukturalistischen Analysen literarischer Texte, z.B. in Lotmans Untersuchungen russischer Lyrik,37 auch um deren semantischen Gehalt. Um die Bedeutung von Texten zu entschlüsseln, wird ihr Sprachmaterial auf Differenzen hin untersucht, und es wird unter Einbeziehung aller sprachlichen und formalen Ebenen nach den internen bedeutungstragenden Beziehungen gefragt. Die Resultate dieser Analysen geben Aufschluss über die Aussage, den Inhalt oder propositionalen Gehalt eines literarischen Textes.38

Auch im Rahmen der Empirischen Literaturwissenschaft spielt dieser Aspekt eine Rolle. Von der subjektiven Bedeutungskonstitution wird die material beschreibbare Bedeutungsstruktur eines Textes unterschieden. Die zweite ist objektivierbar und lässt sich – als Prüfbasis für die Analyse der ersten – erschließen, etwa indem mit linguistischen Mitteln die Propositionen rekonstruiert werden, die dem Sprachmaterial zugrunde liegen.39 Dabei ist unter der Proposition eines Satzes sein Inhalt zu verstehen bzw. der formulierungsunabhängige ›gemeinsame Nenner‹ der Bedeutung von Sätzen, der auch dann gleich bleibt, wenn unterschiedliche illokutionäre Akte mit dem Satz vollzogen werden.

Zur möglichst exakten Textbeschreibung40 wird in mehreren literaturwissenschaftlichen Richtungen auf linguistische Ansätze zurückgegriffen. Für die meisten dieser Ansätze führt die genaue Analyse der sprachlichen Oberfläche eines Textes zu seiner ›darunter‹ liegenden Bedeutungsebene.41 Dabei sind es nicht allein kognitive Bedeutungen, um die es in solchen textbezogenen Modellen geht, sondern auch emotionale oder pragmatische Komponenten, auf die literarische Zeichen verweisen.42

(iii) Zu erwähnen sind zwei editionsphilologische Positionen, die die Frage nach der Grenze des Textes und damit nach der Grundlage für die Bedeutung neu gestellt haben: die critique génétique und die new philology.43 Die critique génétique untersucht das in der Moderne ja zumeist gedruckte Werk im Kontext aller Überlieferungen und betrachtet dieses Korpus, den Text und alle seine Vorstufen und Fassungen, als eine Einheit, als »dossier génétique«. Diskutiert wird, welche Rolle diese Korpusbildung für die Interpretation eines Werks spielt: Limitieren frühere Textfassungen den Bedeutungsspielraum des Werks, können, dürfen oder müssen sie für eine Interpretation herangezogen werden? Schwieriger noch sind solche Fragen natürlich zu entscheiden, wenn keine der Fassungen vom Autor für definitiv erklärt worden ist und die Überlieferungslage nur autorferne Texte kennt, wie dies bei Texten vor dem Beginn des Drucks ganz üblich ist. Die new philology hat sich entsprechend programmatisch von der Autorfassung als Bezugspunkt der editorischen und interpretatorischen Bemühungen verabschiedet und sieht die Bedeutung von Texten gerade in ihrer jeweils erst zu erklärenden Varianz begründet.

(iv) Die vierte zeichen- bzw. textorientierte Möglichkeit, Bedeutung zu bestimmen, bezieht sich auf semiotische Prozesse. Auch hier gibt es wieder mehrere Optionen der Argumentation. Poststrukturalistische Theoretiker z.B. gehen wie de Saussure davon aus, dass sich Bedeutung aus der Differenz zweier Sprachzeichen ergibt. Anders als die Strukturalisten sehen sie in den Signifikaten jedoch keine außersprachlichen Größen, auf die die Signifikanten zielen. Stattdessen nehmen sie einen unendlichen semiotischen Prozess an, in dem die Signifikanten aufeinander verweisen. Wenn Derrida Bedeutung als von der »différance« bewirkte, innersprachliche »Bewegung des Bedeutens« auffasst,44 dann zielt diese Bewegung auf keine mit dem Zeichen verbundene, zu rekonstruierende Größe. Bedeutung ist vielmehr eine aus pragmatischen Gründen vorgenommene und revidierbare Setzung. Entsprechend kann es keine sinnvolle Aufgabe literaturwissenschaftlicher Forschung sein, ›die‹ Bedeutung eines literarischen Textes rekonstruieren zu wollen.

Mit ganz anderer Begründung, die entsprechend andere theoretische und praktische Folgen nach sich zieht, ist auch eine semiotische Position wie die Goodmans hier zuzuordnen. Für ihn bildet die Exemplifikation eine spezifische Weise des Bedeutens, die für Kunstwerke wichtiger ist als die Denotation. Exemplifikation ist »possession plus reference«, d.h. ein Objekt exemplifiziert eine Eigenschaft, wenn es sie besitzt und sich zugleich auf sie bezieht.45 Bedeutung ist damit eine spezielle textuelle Relation, die in entsprechenden Analysen erschließbar ist.

2.3.  Kontexte

Fast alle Bedeutungstheorien beziehen in ihr Modell über Autor, Publikum und Kommunikat hinaus weitere Faktoren ein. Die Literaturtheorie des 20. Jahrhunderts hat eine ganze Reihe von kontextuellen Aspekten für die Bedeutungskonstitution in Anschlag gebracht, wobei sowohl intentionalistische als auch – weitaus häufiger – nicht-bewusste Wirkungsmechanismen angenommen wurden. Diese kontextuellen Faktoren können in drei Gruppen gegliedert werden: (i) realhistorische, (ii) semantische und (iii) mediale Kontexte. Schon die folgenden Aufzählungen von Kontext-Begriffen zeigen, dass es sich hierbei nicht nur um Aspekte desselben problematischen Phänomens handelt, sondern mit vielen, wenn nicht jedem dieser Begriffe komplexe Theorien verbunden sind, nicht nur über die Konstitution von Bedeutung, sondern auch – pauschal gesagt – über die Beschaffenheit der Welt. Diese Begriffe sind unlösbar mit dem Kontext der jeweiligen Theorie, also den weiteren Begriffen und ihrer Vernetzung in der jeweiligen Theoriearchitektur verbunden. Es unterscheiden sich nicht nur die jeweils präferierten Aspekte, sondern eben auch die Annahmen, wie Bedeutung konstituiert und wie sie wirksam wird.

(i) Realhistorische Kontexte, also z.B. Volk, Nation, Klassen, Geschlechter, Kulturen, Zensur, Markt usw., können zum einen direkt wirksam sein, z.B. wenn eine Theorie annimmt, dass die Zugehörigkeit zu einer Nation oder einem Geschlecht sich direkt in der Textgestalt niederschlage. Zum anderen können sie sich auch indirekt manifestieren, also über semantische Einheiten. Davon gehen z.B. solche feministische Theorien aus, die eine biologische Differenz annehmen, die sich aber vor allem in verschiedenen gender-Diskursen niederschlägt.46 In beiden Fällen wird jedoch angenommen, dass die realhistorischen Einheiten letztlich bestimmend sind und sowohl die mediatisierenden semantischen Strukturen wie auch die Textbedeutung determinieren. Die marxistische Literaturwissenschaft mit ihrem Modell von Basis und Überbau ist ein besonders prägnantes Beispiel für diese Form der Literaturtheorie.

(ii) Semantische Einheiten, z.B. Sprache, Gattungen, Diskurse und Intertexte, werden in jeder Bedeutungstheorie als konstitutiv angesehen, nicht nur in der Li­teraturwissenschaft, sondern auch in den anderen Kunstwissenschaften.47 Allerdings gehen nicht alle so weit, diesen Einheiten die Bedeutung selbst zuzuschreiben, sondern sie werden zumeist als Vorrat an Typisierungen und Kodes angesehen, aus dem im Text eine spezifische Auswahl getroffen wurde, wobei diese Auswahl eigentlich erst die Bedeutung des Textes erzeugt. Je nach Interessenlage und nach Zeichen- und Kommunikationstheorie können diese Einheiten als Bedeutung ermöglichend oder limitierend angesehen und der jeweilige Spielraum, der bei der Verwendung dieser Typisierungen und Kodes existiert, kann als größer oder kleiner aufgefasst werden. So lässt sich z.B. mit dem Diskursbegriff – gemeinsam mit dem Begriff der Episteme – das überhaupt Denk- und Formulierbare einer Epoche beschreiben48 oder aber der Vorrat an semantischen Traditionen, an die weitere Kommunikationen zwar stets anknüpfen, die sie jedoch dabei stets variieren und umdeuten können.49

(iii) Mediale Kontexte sind erst in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts in den Mittelpunkt von Bedeutungstheorien gerückt.50 Ausgehend von Nietzsches Diktum, ›unser Schreibzeug arbeitet mit an unseren Gedanken‹ haben Theoretiker wie McLuhan oder Kittler den medialen Aspekt von Kommunikation dabei zur entscheidenden Instanz der Bedeutungskonstitution gemacht.51 Die bedeutungslimitierenden oder -ermög­li­chenden Aspekte der Zeichenkörper sind inzwischen in ganz unterschiedlicher Art und Weise untersucht worden: Für die Differenz zwischen Oralität52 und Schriftlichkeit ebenso wie für die neuen elektronischen Medien als Integration aller anderen Medien.53 Die Überzeichnungen, mit denen medientheoretische Positionen anfangs häufig vertreten wurden, sind in­zwischen weitgehend bescheideneren Einschätzungen gewichen, die dann allerdings kaum revolutionär sind. Ein weiterer Aspekt, der eher den medialen Aspekten zuzurechnen ist, wird unter dem Stichwort ›Performanz‹ diskutiert, also die Aufführungs- und Inszenierungsaspekte, die etwa bei Theatertexten, bei höfischen Festen und anderen vergleichbaren Veranstaltungen die textuelle Bedeutung ergänzen bzw. die Bedeutung erst wesentlich konstituieren.

2.4.  Leser

Eine weitere, wichtige Gruppe zieht die Rezeptionsinstanz als Bezugspunkt heran, um ihre Bedeutungskonzeptionen zu begründen. Gemeinsam ist den Positionen, dass der Faktor Text als offene Größe aufgefasst wird, die erst im Rezeptionsakt Bedeutung erhält. Wieder lassen sich aber verschiedene Möglichkeiten unterscheiden, welche Rolle diesem Faktor im Prozess der Bedeutungskonstitution zuerkannt und wie dementsprechend ›Bedeutung‹ bestimmt wird. Bedeutung kann als Zuschreibung der einzelnen empirischen Leser aufgefaßt werden (i), als Zuschreibung kompetenter Leser oder auch eines impliziten Lesers (ii) und als Summe der Zuschreibungen, die historische Leser im Verlauf der Überlieferungsgeschichte eines Textes vorgenommen haben (iii).

(i) Paradigmatische Vertreterin der Position, die Bedeutungszuschreibung empirischer Leser bilde den zentralen Faktor, ist die Leserpsychologie, ein wichtiger Zweig der Empirischen Literaturwissenschaft. Abhängig von ihrem funktionalen Textbegriff verwendet sie ›Bedeutung‹ als einen mehr­stelligen Relationsbegriff: Texte haben Bedeutung für einen Rezipienten in einer Kommunikationssituation. Eine der leserpsychologischen Aus­­gangsfragen lautet: Wie baut ein Leser oder eine Leserin auf der Grund­lage eines sprachlichen Inputs »eine satzübergreifende Gesamtbedeutungsstruktur« auf?54 Für diese Position steht das lesende Subjekt im Mittelpunkt des Interesses, und damit ist das Verstehen von Literatur eine rein subjektabhängige Angelegenheit. Invariante Bedeutungen in einem literarischen Text kann es nicht geben, weil Bedeutungszuschreibungen wesentlich vom Voraussetzungssystem des Lesers, der Lesesituation und ‑motivation abhängen. Weder Autor noch Sprachsystem oder andere Texte können also festlegen, was die Bedeutung eines Textes ist oder welche Bedeutungen in ihm enthalten sind. Es sind die Leser, die in ihren Lektüre- und Verstehensakten Bedeutung – in einem mentalistischen Sinne – herstellen.55

(ii) Nur auf den ersten Anschein gleich argumentieren Vertreter einer rezeptionsästhetischen Position. Auch nach rezeptionsästhetischen Prämissen sind literarische Texte als bedeutungsleere, ›unbestimmte‹ Formen aufzufassen, die erst von Lesern mit Bedeutung ›aufgeladen‹ werden. Bedeutungen literarischer Texte sind das Produkt einer Interaktion zwischen Text und Leser und keine im Text versteckten Größen, die aufzuspüren der Interpretation vorbehalten bleibt. Leser aktualisieren einen Text durch ihre Lektüre, indem sie ihn aus ihrer eigenen Rezeptionssituation heraus mit Bedeutung versehen. Charakteristikum literarischer Texte ist es, einen Spielraum solcher Aktualisierungsmöglichkeiten zuzulassen. Dass diese Grundeinstellung jedoch nicht ganz so stark am empirischen Leser orientiert ist, wie sie im Vergleich mit textzentrierten Positionen scheint, wurde mehrfach festgestellt.56 Mit der Annahme angemessener und weniger angemessener Lesarten eines Textes und dem Begriff des impliziten Lesers, der unter anderem als das dem Text angemessene Leser-Bewußtsein bestimmt wurde, bleibt sie einem normativen Konzept verpflichtet: Nicht jede Zuschreibung von Bedeutung ist relevant, sondern nur diejenigen, die kompetente Leser vornehmen, d.h. Leser, die bestimmte Vorgaben der Texte realisieren.

(iii) In rezeptionsgeschichtlicher Erweiterung dieser Konzeption tragen zur Bedeutung eines Textes alle kompetenten Auffassungen bei, von denen wir Zeugnisse haben. Die Bedeutung eines Textes liegt rezeptionsgeschichtlich gesehen also in der Summe aller Bedeutungen, die ihm jemals zugeschrieben wurden. Um die Bedeutung eines Textes zu analysieren, sind die Dokumente seiner Rezeption zu verfolgen. In historischen Rezeptionsforschungen wird diese Bedeutungskonzeption des Öfteren vorausgesetzt.

2.5.  Weitere Kategorien zur Beschreibung des Phänomens
›Bedeutung literarischer Texte‹

Mit der Systematisierung bedeutungskonstitutiver Faktoren nach dem Muster des erweiterten Kommunikationsmodells, die wir in den vorigen vier Abschnitten vorgenommen haben, haben wir noch nicht alle Kategorien erfasst, die in der literaturwissenschaftlichen Debatte über die Bedeutung von Literatur eine Rolle spielen. In dieser Debatte hat sich eine Reihe von Begriffen als relativ konstant erwiesen, und zwar unabhängig von der zugrundeliegenden Literaturtheorie. Konstant sind diese Begriffe in dem Sinne, dass sie immer wieder verwendet werden, wenn auch, wie üblich, die Einbettung der Beschreibung und die Gewichtung deutlich variieren. Drei prominente Beispiele solcher Begriffe sollen die systematische Entfaltung des Bedeutungsbegriffs ergänzen.

Beginnen wir mit einer der stabilsten Annahmen zur Struktur literarischer Bedeutung insgesamt, nämlich der Auffassung, dass ein literarischer Text nicht nur eine Bedeutung hat bzw. erzeugt, sondern mehrere. Insbesondere in leserorientierten Theorien kann die Anzahl möglicher Bedeutungen die Anzahl der Leser erreichen – wenn jede Rezeption als eigene Bedeutungszuschreibung gesehen wird –, aber auch stärker textorientierte Theorien sehen es häufig als Spezifikum literarischer Texte, dass diese systematisch vieldeutig sind und sich diese Bedeutungsvielfalt nicht oder kaum ausschöpfen lässt.57

Meist bezogen auf mentalistische Bedeutungskonzeptionen, seien es nun autor- oder leserbezogene, ist die Unterscheidung von kognitiven, affektiven und ästhetischen Aspekten der Bedeutung. Kognitiv ausgerichtet sind zumeist die Positionen, die die Texte inhaltlich mit ideengeschichtlichen, geistesgeschichtlichen oder diskursgeschichtlichen Kontexten in Verbindung bringen. Der emotionale Aspekt der Bedeutung literarischer Texte, der in der Literaturtheorie des 20. Jahrhunderts erstaunlich wenig Beachtung gefunden hat, wird zunehmend von der Empirischen Literaturwissenschaft, der Kognitionswissenschaft und ebenfalls von Seiten der Diskursgeschichte untersucht. Die Analyse der ästhetischen Aspekte von literarischer Bedeutung geht zumeist einher mit einer ebenso ausführlichen wie nicht immer schon semantisierenden formalen Beschreibung des Textes.

Ein weiterer Begriff, der sich bei der Beschreibung von literarischer Bedeutung einer ausgesprochenen Beliebtheit erfreut, lautet ›subversiv‹. Begriffsgeschichtlich hat er das Erbe von ›kritisch‹ im Gegensatzpaar ›kritisch versus affirmativ‹ angetreten, das die Frankfurter Schule in der theoretischen Diskussion so populär gemacht hat. ›Subversiv‹ ist jedoch weiter gefasst als ›kritisch‹; letzterer Begriff hatte stets das Problem, dass sich bei zahlreichen kanonisierten Texten das ›Kritische‹ nur schwer ausmachen lässt. Als ›subversiv‹ dagegen kann jede Form der Abweichung gesehen werden, weshalb es auch nicht ganz einfach ist, einen Gegenbegriff dafür zu nennen. In Frage käme ›bestehende Verhältnisse konstituierend‹, seien es nun realhistorische oder diskursive Verhältnisse.

2.6.  Grenzbegriffe

›Bedeutung‹ ist ein systematisch mehrdeutiger Begriff; schon aus diesem Grund wird er äußerst unterschiedlich verwendet. Berücksichtigt man darüber hinaus, dass jeweils andere der oben erläuterten Komponenten dominieren können, dann wird deutlich, dass mehrere Menschen, die über die Bedeutung von Literatur sprechen, nur selten dasselbe Phänomen meinen. Für Verwirrung sorgt zudem, dass eine Reihe anderer Begriffe in ähnlichen Kontexten wie der Begriff ›Bedeutung‹ gebraucht wird. Auf ihre Unterschiede ist zum Zwecke der terminologischen Klärung kurz einzugehen.

(i) Inhalt / Thema. Nicht nur in engen kognitivistischen Ansätzen verschwimmen die Grenzen zwischen dem Thema eines literarischen Textes und seiner Bedeutung. Unter dem ›Thema‹ lässt sich ein »gleichartiges Inhaltselement verschiedenartiger Dichtungen« verstehen.58 Es bezieht sich auf das, was ein Text behandelt. Jedoch kann der Begriff ›Thema‹ unterschiedlich textnah verwendet werden. Ein Satz wie »In Tolstois Roman ›Krieg und Frieden‹ geht es um den Krieg« fasst den Inhalt des Romans ohne weiterreichende Interpretation zusammen, während die Aussage »In Tolstois Roman ›Krieg und Frieden‹ geht es um die Liebe« das Thema deutlich voraussetzungsreicher formuliert. Unter dem Thema wird hier eine inhaltliche Größe verstanden, die ›hinter‹ dem vordergründig und quantitativ dominant Behandelten steht und den ›Kern‹ des Romans bildet. Rekonstruiert wird sie über komplexe Zeichen-Beziehungen, etwa symbolische Beziehungen. In dieser Verwendung geht der Begriff ›Thema‹ in den der Gesamtbedeutung eines Textes über.

(ii) Symptom. Werden literarische Texte symptomatisch gedeutet, dann werden sie als Anzeichen für etwas anderes genommen:59 für diskursive Muster, für eine Weltanschauung, für Klassengegensätze, gender-Prägungen und vieles andere. Bei dieser Zuschreibung geht es nicht darum, ob mit dem Text eine Bedeutung intendiert worden ist, sondern ob sich Parallelen zwischen bestimmten Kontexten und dem fraglichen Text oder einzelnen seiner Teile aufzeigen lassen. Symptomatische Deutungen beziehen sich aber nicht nur auf solche weiteren Kontexte, sondern können auch nach psychoanalytischem Muster vorgenommen werden. Ein literarischer Text verweist dann z.B. auf einen psychischen Konflikt seines Verfassers. Nimmt man einen Text als Anzeichen für etwas, dann schreibt man ihm auch eine Bedeutung zu, nur eben einen bestimmten Typ von Bedeutung: eine symptomatische Partialbedeutung. ›Symptom‹ und ›Bedeutung‹ gleich­zusetzen liefe auf eine starke Einengung des Bedeutungsbegriffs hinaus.

(iii) Sinn. Der Begriff ›Sinn‹ wird meistens synonym mit ›Bedeutung‹ verwendet. Daneben finden sich aber auch Unterscheidungen beider Be­griffe, die allerdings nach verschiedenen Kriterien vorgehen. Nur zwei seien genannt: So wird ›Sinn‹ oftmals als umfassenderes Konstrukt verstanden. ›Sinn‹ bezeichnet dann die – in unserer Terminologie – komplexe Gesamtbedeutung eines literarischen Textes. Wird ›Sinn‹ so verstanden, dann kann ›Bedeutung‹ entweder für die einfacheren, z.B. linguistisch re­konstruierbaren Wort- und Satzbedeutungen stehen oder aber für ein ganz anderes Phänomen: die Bedeutsamkeit für eine Person. In dieser letzten Weise verwendet, wie in Abschnitt 1. erläutert, Eric D. Hirsch das Begriffspaar. In der Tradition Freges dagegen wird, auch das haben wir oben ausgeführt, mit ›Sinn‹ eine semantische Größe bezeichnet, die mit den Verwendungskontexten eines Ausdrucks variiert, während ›Bedeutung‹ seine invariable Referenz meint.

(iv) Interpretation / Lektüre. Wenn die beiden Begriffe als Bezeichnung nicht für Tätigkeiten, sondern für deren Resultat verwendet werden, können sie mit ›Bedeutung‹ gleichgesetzt werden. Hinter beiden Begriffen stehen unterschiedliche Konzepte: Die Tätigkeit des Interpretierens führt, idealtypisch verstanden, zur Gesamtbedeutung eines literarischen Textes. Diese Bedeutung wird regelgeleitet erschlossen, indem der Text als Ganzes und als Einheit nach methodischen Vorgaben gedeutet wird.60 In einer literaturwissenschaftlich vorgenommenen Lektüre dagegen wird einem Text Bedeutung situativ zugeschrieben. Weder das Ganzheits- noch das Einheitspostulat müssen beachtet werden.61 Zugeschrieben wird eine von der Fragestellung abhängige Partialbedeutung. Schon diese Beschreibung macht deutlich, dass die Konzepte ›Interpretation‹ und ›Lektüre‹ mit starken methodologischen Annahmen verbunden sind. Sie sollten als Benennungen für komplexe Verfahren der Zuschreibung von Bedeutung reserviert werden, nicht zur Bezeichnungen von Bedeutung selbst.

*

Unser kurzer und naturgemäß unvollständiger historischer und systematischer Überblick zeigt gleich Mehreres. Zunächst einmal, dass ›literarische Bedeutung‹ ein sehr viel grundlegenderer Begriff ist, als aus der Aufmerksamkeit zu schließen wäre, mit der er in den Theoriedebatten bedacht wird. Der Überblick zeigt auch, dass mit der Rede von der Bedeutung literarischer Texte sehr unterschiedliche Sachverhalte bezeichnet werden. Es gehört zu den besonderen Schwierigkeiten im Umgang mit dem Bedeutungsbegriff, dass er sich auf kein einzelnes Phänomen bezieht, welches durch unterschiedliche Theorien je unterschiedlich erklärt würde; vielmehr erfassen die unterschiedlichen Bedeutungsbegriffe verschiedene Phänomene. Diese Phänomene lassen sich zudem nicht ohne weiteres aufeinander beziehen, da sie jeweils in ganz unterschiedliche Großtheorien über sprachliche Kommunikation, Kunst, Gesellschaft etc. eingebettet sind. Andererseits machen die Beiträge dieses Bandes aber auch deutlich, dass die literaturwissenschaftliche Beschäftigung mit der Bedeutung literarischer Texte keineswegs willkürlich oder obsolet ist. Bedeutungszuweisungen – soweit sie überhaupt einen Anspruch auf intersubjektive Geltung erheben – folgen zwar unterschiedlichen, aber durchaus explizierbaren Regeln, die im jeweiligen theoretischen Rahmen verbindlich sind. Regel und Bedeutung gehören daher enger zusammen, als es dem dominierenden Selbstverständnis der Literaturwissenschaft entspricht. Die offensichtliche Pluralität der in der Literaturwissenschaft verwendeten Bedeutungsbegriffe mag es verbieten, auf der alleinigen Gültigkeit eines bestimmten Bedeutungsbegriffs zu insistieren. Das aber schließt mindestens die Möglichkeit einer kritischen Ausein­andersetzung mit ihren Konzeptualisierungen der Bedeutung nicht aus. Wo von Kritik die Rede sein kann, kann freilich auch von Falschheit die Rede sein. Nicht auszuschließen jedenfalls, dass sich Theorien über ihren Begriff der Bedeutung auch irren können. Man übertreibt nicht eben viel, wenn man sagt, dass der Be­griff der Bedeutung das Zeug hat, den Wissenschaftsstatus der Literaturwissenschaft zu revidieren. Warum das so ist, liest man in den folgenden Beiträgen.

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Tholen, Toni: Erfahrung und Interpretation. Der Streit zwischen Hermeneutik und Dekonstruktion. Heidelberg 1999.

Titzmann, Michael: Strukturale Textanalyse. Theorie und Praxis der Interpretation. München 1977.

Wimsatt, William K. / Monroe C. Beardsley: The Intentional fallacy. In: W. W. / M. B.: The Verbal Icon. Studies in the Meaning of Poetry. Lexington 1954, S. 3-18.

Winko, Simone: Autor-Funktionen. Zur argumentativen Verwendung von Autorkonzepten in der gegenwärtigen literaturwissenschaftlichen Interpretationspraxis. In: Heinrich Detering (Hg.): Autorschaft. Positionen und Revisionen. Stuttgart, Weimar 2002, S. 334-354.


[1]

Vgl. Gopnik / Melzoff: Words.

[2]

Malle / Moses / Baldwin (Hg.): Intentions.

[3]

Vgl. dazu den Beitrag von Karl Eibl in diesem Band.

[4]

Sperber / Wilson: Relevance.

[5]

Frith / Frith: Minds.

[6]

Vgl. Povinelli: Animals und die Rezension von Marc D. Hauser.

[7]

Winko: Autor-Funktionen.

[8]

Kolk: Reflexionsformel.

[9]

Vgl. die Beiträge von Uta Schaffers und Rainer Winter in diesem Band.

[10]

Historische Darstellungen wirkungsmächtiger hermeneutischer Positionen bieten die Beiträge von Lutz Danneberg und Bernhard F. Scholz in diesem Band.

[11]

Einen begrenzten Überblick gibt Ray: Meaning.

[12]

Vgl. dazu in diesem Band die Beiträge von Werner Strube, Lubomír Doležel, Rüdiger Zymner, Axel Bühler und Michael Kober.

[13]

Frege: Sinn, S. 41.

[14]

Hirsch: Validity, S. 8.

[15]

Vgl. dazu auch den Beitrag von Roger D. Sell in diesem Band.

[16]

Eco: Lector, z.B. S. 27.

[17]

Vgl. Goodman: Languages, bes. S. 81-95.

[18]

Gabriel: Logik, S. 14 u. 17.

[19]

Jauß: Erfahrung, S. 796.

[20]

Fricke: Norm, S. 87. Vgl. Fricke: Gesetz.

[21]

Å klovskij: Kunst, S. 33f.

[22]

Jakobson: Linguistik, S. 94.

[23]

Derrida: Kraft, S. 47.

[24]

Vgl. etwa Derridas Auseinandersetzung mit John R. Searle über John L. Austins Sprechakttheorie in Derrida: Limited.

[25]

Vgl. Lukács: Einführung.

[26]

Zur kritischen Rezeption dieser Theorien in den Cultural Studies vgl. den Beitrag von Rainer Winter in diesem Band.

[27]

Vgl. dazu den Beitrag von Klaus Weimar in diesem Band.

[28]

Vgl. dazu genauer Danneberg / Müller: Probleme.

[29]

MacLuhan: Media, S. 7.

[30]

Vgl. dazu Jannidis / Lauer /Martinez / Winko: Rede, S. 19ff.

[31]

Dazu ausführlich ebd.

[32]

Vgl. dazu den Beitrag von Lutz Danneberg in diesem Band.

[33]

Vgl. Foucault: Autor, S. 20.

[34]

Vgl. dazu den Beitrag von Peter Strohschneider in diesem Band.

[35]

Wimsatt / Beardsley: Fallacy, S. 4.

[36]

Ebd.

[37]

Lotman: Struktur, z.B. Kap. 8.

[38]

Z.B. Titzmann: Textanalyse, z.B. S. 46-50, 67f.

[39]

Vgl. dazu Groeben: Leserpsychologie, S. 40ff.

[40]

Zum Problem, wie weit reine Beschreibungen literarischer Texte eigentlich reichen und wann das Interpretieren beginnt, siehe den Beitrag von Tom Kindt und Hans-Harald Müller in diesem Band.

[41]

Siehe hierzu den Beitrag von Ulla Fix in diesem Band.

[42]

Zur Frage emotionaler Bedeutung siehe den Beitrag von Simone Winko in diesem Band.

[43]

Vgl. Zur critique génétique vgl. Grésillon: Handschriften. Zur und die new philology vgl. z.B. das ›Speculum‹ Themenheft 65, 1 (January 1990) »The New Philology«. Siehe dazu auch den Beitrag von Roger Lüdeke in diesem Band.

[44]

Derrida: Différance, S. 89ff.

[45]

Goodman: Languages, S. 53.

[46]

Vgl. den Beitrag von Renate v. Heydebrand in diesem Band.

[47]

Vgl. die Beiträge von Lawrence Kramer und Anke-Marie Lohmeier in diesem Band.

[48]

Z.B. Foucault: Ordnung, auch Foucault: Archäologie.

[49]

Z.B. Luhmann: Struktur.

[50]

Vgl. den Beitrag von Marianne und Herbert Willems in diesem Band.

[51]

Z.B. MacLuhan: Media, Kittler: Aufschreibesysteme.

[52]

Siehe dazu den Beitrag von Ruth Finnegan in diesem Band.

[53]

Siehe dazu den Beitrag von Gerhard Lauer in diesem Band.

[54]

Christmann / Groeben: Psychologie, S. 162.

[55]

Eine differenzierte Position vertreten Ursula Christmann und Margrit Schreier in diesem Band; aus der Sicht des radikalen Konstruktivismus vgl. dazu z.B. Schmidt: Konstruktivismus, S. 67.

[56]

Z.B. Holub: Theory, S. 150. Zusammenfassend Müller: Wissenschaftsgeschichte, S. 462f.

[57]

Vgl. dazu den Beitrag von Fotis Jannidis in diesem Band.

[58]

Fricke / Zymner: Einübung, S. 148.

[59]

Vgl. die Differenzierung von Interpretationstypen bei Hermerén: Interpretation, S. 145-151; zur symptomatischen Interpretation S. 149.

[60]

Vgl. z.B. Spree: Interpretation, S. 168.

[61]

Dazu Tholen: Erfahrung, z.B. S. 181f.


14.02.2004